Das Potenzial zur Energieeinsparung ist einer der wichtigsten Treiber: Temperaturabgesenkter Asphalt ist ein Straßenbaustoff, der derzeit stark an Bedeutung gewinnt. Technologien und Lösungen der Wirtgen Group geben Antworten auf diesen Trend – und tragen dazu bei, dass Herstellung und Verarbeitung von weniger heißem Mischgut praktisch konventionell erfolgen können.
Als temperaturabgesenkte Asphalte – auch bekannt als Niedrigtemperaturasphalt, Warmasphalt oder Warm-Mix – werden Mischgüter bezeichnet, die eine Herstellungstemperatur von 110 °C bis 130 °C aufweisen. Konventionelle Heißasphalte werden dagegen mit 140 °C bis 180 °C produziert – typischerweise mit 160 °C heißem Bitumen als Bindemittel. Die Gründe dafür, dass dieser Baustoff in vielen Ländern und Regionen mehr und mehr zum Trendthema wird, sind vielfältig.
Mit temperaturabgesenktem Asphalt lassen sich wirtschaftliche Vorteile realisieren: Die Gesamtenergiebilanz dieser Mischgüter fällt wesentlich günstiger aus. Weniger Energieeinsatz bedeutet immer auch weniger Emissionen, insbesondere geht der CO₂-Ausstoß deutlich zurück. Die gesteigerte Umweltfreundlichkeit ist ein wichtiger Punkt, weshalb temperaturabgesenkter Asphalt auf der Agenda von Behörden weltweit steht. Laut dem Deutschen Asphaltverband bringt bereits eine Temperaturabsenkung um 30 C eine Einsparung von 0,9 l Heizöl (beziehungsweise einem Brennstoff-Äquivalent) pro Tonne Fertigasphalt. Dies entspricht bei einer Tagesproduktion von 2.000 t Mischgut einer Einsparung von 1.800 l Öl – oder bis zu drei Viertel des Jahresverbrauchs eines Eigenheimes an Heizenergie. Die Reduktion an CO₂-Emissionen liegt bei 6.000 kg am Tag. Die Zahlen, die in der Praxis erreicht werden können, sind noch deutlich höher – vor allem deshalb, weil die Absenkung häufig 50 °C oder mehr beträgt.
Der Hauptbeitrag zur Energieeinsparung und Reduzierung von Emissionen liegt in der Herstellung von Asphalt, also der Asphaltmischanlagen. Benninghoven als Spezialist für die Herstellung und das Recycling von Asphaltmischgütern aller Art greift dabei auch hinsichtlich nachhaltiger Technologien auf langjährige Erfahrung zurück.
Eine Grundvoraussetzung für eine Temperaturabsenkung bei der Asphaltproduktion ist die Reduzierung der Bitumenviskosität. Um sie temporär zu senken, hat Benninghoven verschiedene Lösungen entwickelt und in den Einsatz gebracht. Dazu gehören präzise Dosiersysteme für die Zugabe von flüssigen oder festen Additiven sowie das Schaumbitumen-Modul.
Schaumbitumen ist interessant, weil bei diesem Bindemittel lediglich Wasser als Hilfsstoff benötigt wird, das ohnehin an jeder Asphaltmischanlage verfügbar ist. Durch das Vermischen von heißem Bitumen mit Wasser vergrößert sich das Volumen um ein Vielfaches, man spricht auch vom Aufschäumen des Bitumens. Durch die frei gesetzte Oberflächenenergie benetzt das Bindemittel das Gestein im Mischprozess auch bei niedrigeren Temperaturen sehr gut und bewirkt geschmeidige Einbaueigenschaften.
Die Technologie hinter dem Schaumbitumen-Modul ist ein wichtiger Vorteil für Betreiber von Asphaltmischanlagen. Dabei wird die Wiegemischsektion lediglich um diese Anlagenoption erweitert. Sie besteht aus einer Bitumenpumpe, einer Expansionskammer, Verrohrung und Eindüsbalken sowie einer Wasserdosierung. Durch das „Plug & Work“-Konzept von Benninghoven ist das Schaumbitumen-Modul auch an bestehenden Anlagen jederzeit nachrüstbar: So entstehen temperaturabgesenkte Asphalte, die mit konventionellen Mischgütern mithalten können.
Auch beim Einbau stellen sich viele Bauunternehmen, die bislang nahezu ausschließlich mit konventionellen Heißmischgütern zu tun hatten, die Frage: Wie verhält sich temperaturabgesenkter Asphalt bei der Verarbeitung durch Straßenfertiger?
Die Vorteile beim Einbauprozess beginnen bereits vor dem Fertiger. Die Beschicker der Vögele PowerFeeder Serie sind bei der Verarbeitung von temperaturabgesenkten Asphalten essenziell, da sie einen kompletten LKW mit 25 t Mischgut in nur 60 Sekunden entladen. In Verbindung mit einem Zusatzbehälter des Fertigers werden insgesamt bis zu 45 t Material bevorratet. Ein stoppfreier Einbau ist dadurch möglich und legt die Grundlage für ein möglichst großes Zeitfenster, das für die Verdichtung bei temperaturgesenktem Asphalt besonders kritisch ist. Dazu trägt auch eine effektive Bandheizung bei, die den Asphalt während des Transports zum Fertiger auf Temperatur hält.
Elektrisch beheizt sind bei allen Bohlen auch sämtliche Komponenten, die Materialkontakt haben. Als vorteilhaft beim Einbau erweist sich insbesondere der Einsatz der Vögele Hochverdichtungstechnologie. Dabei sorgen impulshydraulisch beaufschlagte Pressleisten für hohe Vorverdichtungswerte, was ebenfalls das Zeitfenster für die Walzen verlängert. Darüber hinaus hat Vögele konkrete Technologien entwickelt und bereits im Einsatz, die wertvolle Beiträge für die Verarbeitung von temperaturabgesenkten Asphalten leisten: WITOS Paving Plus und RoadScan.
Eine besondere Bedeutung bei der Verarbeitung temperaturabgesenkter Mischgüter spielt die Baustellenlogistik. Die größte Herausforderung ist das Zeitfenster für die Verdichtung: Gerade temperaturgesenkte Asphalte werden mit zunehmender Viskosität verdichtungsunwilliger und es gilt, den Prozess bei möglichst hoher Materialtemperatur abzuschließen. Weil diese Asphalte jedoch weniger heiß hergestellt werden, muss beim Transport und auf der Baustelle ein Rad ins andere greifen, um den Walzen möglichst viel Verdichtungszeit zu lassen. Um diese komplexen Prozesse erfolgreich zu managen hilft u. a. eine vernetzte Systemlösung wie WITOS Paving Plus zur Prozessoptimierung und Dokumentation, die aus fünf aufeinander abgestimmten Modulen für die unterschiedlichen Prozessbeteiligten besteht – vom Mischmeister über den Lkw-Fahrer bis zum Bauleiter.
Bei der Kontrolle und Einhaltung eines konstanten Temperaturfensters des Mischguts hat sich der RoadScan etabliert. Dabei misst eine Infrarotkamera präzise und flächendeckend den geforderten Bereich hinter der Einbaubohle des Straßenfertigers auf 10 m Breite. Dadurch werden bei der Verarbeitung von temperaturabgesenktem Asphalt Einbauqualität mess- und beweisbar, was etwa bei einer Überprüfung durch den Auftraggeber wichtig sein kann.
Für die Verdichtung bedeutet der Einsatz temperaturabgesenkte Asphalte ein kürzeres Zeitfenster, um die gewünschten Steifigkeitswerte zu erzielen. Um trotzdem eine hohe Oberflächenqualität zu erreichen, stehen den Bedienern für die Verdichtung verschiedene Lösungen zur Verfügung.
An erster Stelle ist die Oszillation zu nennen, die Verdichtungsspezialist Hamm vor rund 40 Jahren entwickelte. Durch den permanenten Kontakt der Oszillationsbandage zum Untergrund wird eine schnelle Zunahme der Verdichtung möglich. Die im Vergleich zur Vibration materialschonendere Verdichtung sorgt zudem dafür, dass Oberflächenschäden während der Verdichtung bei niedrigen Asphalttemperaturen vermieden werden. Auch bei der Bearbeitung von Nahtstellen spielt die Oszillation ihre Vorteile aus und verhindert Beschädigungen des bereits abgekühlten Asphalts.
Eine weitere Lösung ist der Verdichtungsassistent Hamm Smart Compact, der die Verdichtungsenergie und -modi in beiden Bandagen bei Tandemwalzen der Serie HX kontinuierlich unter Berücksichtigung des Abkühlverhaltens des Asphalts und der aktuellen Steifigkeitswerte regelt. So zeigt Smart Compact dem Bediener, ob statisch, mit Vibration oder Oszillation verdichtet werden soll und wählt die erforderliche Verdichtungsenergie aus. Als Folge wird eine Überverdichtung effektiv unterbunden, Oberflächenschäden vermieden und Überfahrten reduziert. Smart Compact erhöht die Effizienz bei der Verdichtung und nutzt die zur Verfügung stehende Zeit optimal aus.
Das Potenzial zur Energieeinsparung ist hoch beim temperaturabgesenkten Asphalt. Die gleichzeitigen Herausforderungen, die sich bei diesem Straßenbaustoff ergeben, lassen sich jedoch durch moderne und aufeinander abgestimmte Technologien meistern, wie sie die Wirtgen Group anbietet. Auf diese Weise kann das weniger heiße Mischguts nicht nur auf konventionelle Weise hergestellt, sondern auch eingebaut und verdichtet werden.
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