Der erste Einsatz der Großfräse vom Typ Wirtgen W 220 in Italien führte die Hochleistungsmaschine – anders als mancher erwarten würde – nicht auf eine Autobahn, sondern auf eine kurvige Landstraße am Fuße des Mont Blanc im Nordwesten des Landes. Dort überzeugte die mit 577 kW extrem leistungsstarke Maschine, indem sie doppelt so schnell fräste wie geplant.
Die Strada Statale 26 (SS 26) führt vom flachen Piemont in die alpinen Regionen am Mont Blanc inklusive einer Anbindung an den Mont Blanc-Tunnel. Auf dem Weg windet sie sich knapp 1.000 m in die Höhe bis ins Aosta-Tal und wird auf allen Abschnitten sowohl von Touristen als auch vom Güterverkehr intensiv befahren. Der durchschnittliche Verkehr beläuft sich auf rund 5.000 Fahrzeuge am Tag.
Im Sommer 2018 stand eine Sanierung des Fahrbahnbelags an: Auf insgesamt 10 km wurde die 4 cm dicke Deckschicht in voller Breite erneuert. Dazu kam in Teilbereichen noch die 10 cm starke Binderschicht.
Dank 2,20 m Fräsbreite konnte die W 220 von Wirtgen auf den meisten Streckenabschnitten mit nur 2 Bahnen die Deckschicht auf der kompletten Fahrbahnbreite fräsen. Das Ergebnis: 50 % Zeitersparnis.
Weil die Vollsperrung der Strecke in den Alpen nur schwer realisierbar ist, erfolgte die Sanierung der SS 26 im Juli und August 2018 unter halbseitiger Sperrung. Dabei gelang es der beauftragten Italfrese s.r.l., einem der größten italienischen Fräsdienstleister mit Sitz im Piemont, durch den Einsatz der W 220 die Bauzeiten zu beschleunigen. Ein Grund dafür: Die Maschine kann 2,20 m in einem Übergang abtragen. Dadurch waren in den meisten Bereichen nur 2 statt 3 Überfahrten notwendig. Zudem arbeitete die Fräse mit einem Maschinenvorschub von 28 m - 30 m/min – und das sogar bei Steigungen von ca. 5 %. Schlussendlich benötigte der Fräsdienstleister für das Fräsen nur die Hälfte der Zeit, die mit kleineren Maschinen – diese kommen üblicherweise bei engen Abschnitten wie denen auf dem Alpenpass zum Einsatz – veranschlagt worden wäre. Und das ohne Qualitätseinbußen.
Über die Zeitersparnis waren sich Ernesto Franco und Emanuele Franco, Geschäftsführer bzw. Technischer Leiter bei Italfrese, während der Planung des Einsatzes wohl bewusst: „Wir haben im Vorfeld untersucht, welche unserer 12 Fräsen diesen Job möglichst wirtschaftlich und schnell erledigt. Das Ergebnis: es ist die neue W 220. Dabei arbeitete die Fräse mit der recht hohen Fräsgeschwindigkeit noch nicht am technischen Limit. Die enorme Motorleistung und die ausgefeilte Steuerung ermöglichten aber, auch in den höher gelegenen Regionen und in den Haarnadelkurven mit konstanter Geschwindigkeit zu fräsen. Und das bei einem moderaten Kraftstoffverbrauch.“
Derartige Fräsleistungen sind möglich, weil die neue W 220 mit einem sehr günstigen Maschinengewicht-zur-Motorleistung-Verhältnis an den Start geht: 36.360 kg Betriebsgewicht treffen auf 571 kW (777 PS) Motorleistung.
Auch kurz vor dem Mont Blanc in 1.000 m Höhe hat die W 220 den Fahrbahnbelag in sehr hoher Geschwindigkeit souverän mit voller Leistung abgefräst.
Der kraftvolle Antrieb ermöglicht zudem, dass Asphaltpakete bei voller Fräsbreite nicht nur schichtweise ausgebaut, in der Deckschicht Unebenheiten egalisiert oder die Griffigkeit erhöht wird, sondern auch komplette Fahrbahnen bis 350 mm Frästiefe in einem Übergang abgetragen werden können. „Dieses Plus an Leistung macht bei zeitkritischen Großprojekten an Flughäfen oder auf Autobahnen oft den Unterschied aus“, sind sich die Gebrüder Franco einig. Gerade bei großen Frästiefen wartet die W 220 mit einem weiteren Detail auf: Der rechte Kantenschutz kann um 450 mm angehoben werden, so dass auch bei großer Frästiefe das Abtasten eines Bordsteins als Referenz möglich ist und die Maschinen den Belag komplett entfernen können.
Ein Blick auf den Fahrantrieb zeigt: Hier wird die Leistung clever eingesetzt, denn Wirtgen stattet die W 220 mit dem intelligenten Fahrantrieb ISC aus. Er sorgt durch eine elektronische Regelung für optimale Traktion, passt den Vorschub der Maschine an die jeweilige Motorlast an und regelt bei Kurvenfahrten die jeweilige Geschwindigkeit der äußeren und inneren Fahrwerke. Das erwies sich auf der SS 26 vor allem in den zahlreichen Haarnadelkurven als Vorteil.
Das Fräsbild zeigt: Hier hat die Wirtgen Fräse mit hoher Walzendrehzahl und großem Vorschub gearbeitet.
Durch die variable Walzendrehzahl der W 220, bei der drei Geschwindigkeiten vom Fahrerstand aus eingestellt werden können, kann der Maschinenbediener darüber hinaus das Fräsbild, also die Oberflächenbeschaffenheit und die Rautiefe, beeinflussen. Beim Einsatz auf der SS 26 entschied sich das Team von Italfrese beim Fräsen der Deckschicht für die maximale Drehzahl in Kombination mit einem hohen Maschinenvorschub. Für die Wirtschaftlichkeit sorgte dabei das Wechselhaltersystem HT 22 zusammen mit den Meißeln vom Typ W 7.
Dank des leistungsstarken Motors geht der W 220 auch beim Fräsen mit größeren Fräsbreiten die Puste nicht aus. Deshalb ist diese Großfräse nicht nur mit dem 2,2 m Standard Fräsaggregat erhältlich, sondern optional auch mit einem 2,5 m breiten Fräsaggregat. Um flexibel die Erstellung bestimmter Oberflächenstrukturen zu realisieren, ist zudem das Fräswalzenwechselsystem „FCS Light“ für das 2,2 m-Fräsaggregat optional verfügbar. So ist das schnelle Umrüsten von Fräswalzen auf einen anderen Linienabstand – Standardfräswalzen, Eco Cutter oder Feinfräsen – und damit eine hohe Bandbreite an unterschiedlichen Anwendungen möglich.
Emanuele Franco (Technischer Leiter), Ernesto Franco (Geschäftsführer) und Pop Vasilev Gonco (Senior Fräsenfahrer) von Italfrese sind hochzufrieden mit dem ersten Einsatz ihrer neuen Großfräse W220.
Trotz der enormen Kraftentfaltung ist es den Entwicklern bei Wirtgen gelungen, die Geräuschemissionen stark zu reduzieren. Das fiel auch der Mannschaft von Italfrese beim Einsatz am Fuße des Mont Blanc sofort angenehm auf. Damit kann das Team guten Gewissens zum Beispiel auch in Wohngebieten arbeiten, hat der Fräsdienstleister den nächsten Einsatz seines neuen Kraftpakets bereits vor Augen.
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