International suchen Maschinenhersteller und Baufirmen derzeit nach Wegen zum klimaneutralen Bauen. Es geht darum, weltweit in den kommenden Jahrzehnten die Emissionen von CO₂ und anderen klimaschädlichen Gasen (zusammengefasst als CO₂e-Äquivalente: CO₂e) kontinuierlich bis auf null zu reduzieren. Im Straßenbau ist diese Transformation eng verbunden mit der Optimierung und Weiterentwicklung von Produktions- und Arbeitsprozessen. Künftig werden auch Maschinen und Baustoffe anhand ihrer klimaschädlichen Emissionen bewertet. Dabei sollte jedoch nicht die einzelne Maschine im Fokus stehen, sondern der gesamte Prozess bzw. das Endprodukt Straße. Letztlich sind die Emissionen pro gebautem oder saniertem Straßenkilometer ausschlaggebend – das „CO₂e per work done“.
Sustainable Development Goals
Im Jahr 2015 haben die Vereinten Nationen die Agenda 2030 verabschiedet. Damit will die Weltgemeinschaft auf allen Kontinenten ein menschenwürdiges Leben ermöglichen und zugleich die natürlichen Lebensgrundlagen dauerhaft bewahren. Dabei spielen ökonomische, ökologische und soziale Aspekte eine Rolle. Alle Regierungen, aber auch die Zivilgesellschaft und die Privatwirtschaft sind aufgerufen, ihren Beitrag zu leisten, um die in der Agenda 2030 formulierten „Ziele für nachhaltige Entwicklung“ (Sustainable Development Goals) zu erreichen.
Für die Bauwirtschaft gibt es bereits heute baustellenspezifische Anforderungen hinsichtlich der Nutzung fossilfreier Kraftstoffe oder des Einsatzes lokal emissionsfreier Maschinen, beispielsweise in den nordischen Ländern. Vor diesem Hintergrund, aber auch aus Verantwortung für die nachfolgenden Generationen, setzen sich derzeit viele Baukonzerne ebenso wie mittlere und kleine Bauunternehmungen eigene Klimaschutzziele.
Weltweit hat sich das "Greenhouse Gas Protocol" (GHG) als ganzheitliche Berechnungsmethode für CO₂e-Emissionen etabliert. Ähnlich wie eine kaufmännische Bilanz ermöglicht es Unternehmen und Institutionen, ihre klimaschädlichen Emissionen systematisch zu ermitteln und zuzuordnen.
Die Wirtgen Group als Hersteller von Straßenbaumaschinen hat sich ebenfalls konkrete, schrittweise Ziele gesetzt. So werden Wirtgen, Vögele, Hamm und Kleemann bis 2026 die Verfügbarkeit hybrid- bzw. komplett elektrisch angetriebener Maschinen weiter steigern. Zudem werden alle Wirtgen Group Produktmarken inkl. Benninghoven Maschinen und Anlagen anbieten, die mit fossilfreien oder klimaneutralen Kraftstoffen betrieben werden können. Nicht zuletzt wird auch die Digitalisierung der Maschinen einen erheblichen Beitrag zur Prozessoptimierung und damit zur Reduzierung der Emissionen leisten.
Asphaltmischanlage von Benninghoven mit Heißgaserzeuger zur Herstellung von Asphalt aus bis zu 100 % Fräsgut.
Mit all diesen Maßnahmen wird das Ziel verfolgt, bis zum Jahre 2030 den Fußabdruck der Maschinen und Anlagen aus der Wirtgen Group erheblich zu reduzieren. Konkret sollen die Scope 1- und Scope 2-Emissionen um mehr als 50 % sinken. Die Scope 3-Emissionen im Up- und Downstream sollen um mindestens 30 % reduziert werden. Dazu gehören im Wesentlichen die Emissionen der Maschinen im Laufe ihrer Nutzungsdauer, aber beispielsweise auch die Emissionen der Lieferkette. In diesem Kontext hat sich John Deere als Mutterkonzern der Wirtgen Group der Science Based Targets Initiative (SBTi) angeschlossen und seine Ziele validiert bekommen.
Es gilt, die Bemühungen aller Akteure in der Branche zu fokussieren, sodass die Gesamtemissionen so weit wie möglich reduziert werden. Die Frage muss also lauten: Wie können Straßen mit minimalen oder ganz ohne klimaschädliche Emissionen gebaut oder saniert werden?
CECE ist die europaweite Organisation der Baumaschinenhersteller und verwandter Branchen. Sie hat 4 Felder zur Reduktion der CO₂e-Emissionen identifiziert. (Quelle: CECE)
Um die größtmögliche CO₂e-Einsparung zu erzielen, ist ein ganzheitlicher Ansatz erforderlich, der alle Aspekte im Straßenbau mit einbezieht. Die CECE hat als europaweite Organisation der Baumaschinenhersteller und verwandter Branchen hierzu bereits Vorschläge entwickelt. Durch eine weitere Effizienzsteigerung der Maschinen, durch verbesserte Bauprozesse und -abläufe sowie durch die effiziente Bedienung lassen sich erhebliche Einsparpotenziale heben. Außerdem werden alternative, nicht-fossile Kraftstoffe und elektrische Antriebe einen wichtigen Beitrag auf dem Weg zur Klimaneutralität leisten.
Das 4-Säulen-Prinzip der CECE
Die Wirtgen Group hat in den vergangenen Jahren bereits zahlreiche Lösungen entwickelt, mit denen der Kraftstoffverbrauch signifikant gesenkt werden konnte. Dazu gehören intelligent designte Antriebe und effizienzsteigernde Steuerungen. Zum Beispiel der „Mill Assist“ von Wirtgen – ein Assistenzsystem für Kaltfräsen, das Leistungs- und Qualitätsvorgaben des Bedieners selbstständig optimal umsetzt und damit stets das günstigste Verhältnis zwischen Fräsleistung und Betriebskosten einstellt. Dadurch werden Dieselverbrauch und Meißelverschleiß reduziert. Ein weiteres Beispiel sind die Straßenfertiger aus der Strich-5-Serie von Vögele, deren umweltfreundliche Maschinentechnik ebenfalls für eine Reduzierung des Kraftstoffverbrauchs sorgt.
Maschinen von Wirtgen, Vögele, Hamm und Kleemann, deren Motoren die Anforderungen der Abgasstufe US EPA Tier 4f bzw. EU Stufe V erfüllen, können bereits heute mit alternativen Kraftstoffen betrieben werden: Sie sind zugelassen für alternative paraffinische Kraftstoffe wie HVO (Hydrotreated Vegetable Oils, Kraftstoffe auf Basis von pflanzlichen oder tierischen Fetten) oder XtL-Kraftstoffe (X-to-Liquid, synthetische Kraftstoffe auf Basis eines festen oder gasförmigen Energieträgers). Auch für Asphaltmischanlagen von Benninghoven gibt es bereits entsprechende Lösungen: Sie können mit Holzstaub oder mit BtL (Biomass-to-Liquid, flüssige Kraftstoffe aus Biomasse) betrieben werden.