Die Landstraße ER 361 durch den Ort Monsanto, etwa 100 km nördlich von Lissabon, musste auf 2,7 km in beiden Fahrtrichtungen strukturell erneuert werden. Die ausschreibende Behörde, Infrastructuras de Portugal, hatte für die Instandsetzung rund 12 Wochen eingeplant. Die Straßenbauexperten der Firma Pragosa erledigten den Job im Kaltrecycling-Verfahren in 4 Tagen.
Das Herzstück des Kaltrecycling-Zuges ist der neue Wirtgen W 380 CR, der auf dieser Baustelle seinen ersten Einsatz für Pragosa hatte. Er ist in der Lage, die alten Schichten der Straße in einem Übergang zu recyclen. Ein Vögele Fertiger sorgt für lagegerechten Einbau und mehrere Hamm Walzen nehmen die Endverdichtung vor.
Ausfräsen, Aufbereiten, Einbauen und Verdichten – ökologische Straßensanierung mit Technik der WIRTGEN GROUP
Vor Beginn der Baumaßnahme haben wir alle Maschinen auf dem Hof der Baufirma aufgereiht und die gesamte Baustellencrew hinsichtlich Maschinentechnik und Technologie eingewiesen. Professionell auf die Projektanforderungen vorbereitet arbeiteten Crew und WIRTGEN GROUP Maschinen perfekt zusammen und das Projekt wurde daraufhin effizient und mit exzellenten Ergebnissen abgeschlossen. Weltweit habe ich selten mit einem so guten und aufeinander eingespielten Team zusammengearbeitet.
Mike Marshall, Recycling-Experte der WIRTGEN GmbH
Die Zeit ist ein weiterer Erfolgsfaktor des Kaltrecycling in-place, wie diese Anwendung genannt wird. Eine Verkürzung der Bauzeit von 12 Wochen auf 4 Tage war nur möglich, weil so gut wie kein Material transportiert werden musste. Die eigentliche Baustellenplanung hatte vorgesehen, dass beide Fahrspuren 54 Zentimeter tief ausgehoben und von Grund auf erneuert werden. Daraus ergab sich ein Materialaufkommen von 7.500 m³, das von der Baustelle hätte wegtransportiert und durch entsprechend neues ersetzt werden müssen. Inklusive aller zugehörigen Arbeiten ergab sich durch den Materialaustausch das geplante Baufenster von 12 Wochen. Kaltrecycling in-place macht den Materialaustausch überflüssig, da das vorhandene Material vor Ort (engl. in-place) wiederverwendet werden kann. Unter Zugabe von Kalk und Schaumbitumen als Bindemittel und der Verwendung aller bestehenden Materialen wird ein neuer, hochwertiger Baustoff an Ort und Stelle produziert. Das neue Bituminös-Stabilisierte-Material (BSM) dient als neues „Rückgrat“ der viel befahrenen Straße und ist nach Abschluss eines Bauabschnittes sofort wieder befahrbar.
Die Spurbreite variierte bei der Baustelle zwischen 2,75 m und 3,25 m. Der Kaltrecycler W 380 CR wurde daher an Stelle mit seiner Standard-Arbeitsbreite von 3,8 m mit einem Fräsaggregat von 3,2 m Arbeitsbreite eingesetzt. Das innovative MCS-System machte die Umrüstung sogar auf der Baustelle möglich.
Das Mix-Design für die neue BSM-Schicht und die Proben der vorhandenen Straßenstruktur hat die Universität Minho durchgeführt. Dabei wurde festgestellt, dass die Basis der Straße noch so weit tragfähig war, dass eine BSM-Schicht plus eine neue Deckschicht aus Asphalt eine langlebige Alternative zum herkömmlichen, kostenintensiven Neuaufbau darstellte. Zur Herstellung der neuen BSM-Schicht sollten 7 kg Kalk pro Quadratmeter beigemischt werden. Der Kalk wurde vor dem Mischprozess direkt auf die alte Fahrbahn aufgetragen. Der Streumaster SW 5 RC an einem John Deere Traktor sorgte hier mit seinem besonders präzisen Streuwerk für ideale Verteilung. Die maximale Streubreite von 2,5 m erforderte, dass der Streuer zwei Bahnen fuhr, um 3,2 m Arbeitsbreite des CR zu erreichen. Dank sauberer Austragung und angepasster Streubreiteneinstellung war dabei besondere Streugenauigkeit sichergestellt, was die Kosten so gering wie möglich hielt.
Der heckmontierte Bindemittelstreuer SW 5 RC verteilt präzise die erforderliche Menge Kalk vor dem Kaltrecycling-Zug.
Der W 380 CR fräste im Anschluss 16 cm tief durch die beschädigte Asphaltdeckschicht in die Binderschicht hinein. „Die Arbeitstiefe des Kaltrecyclers betrug 16 cm, um eine BSM-Schicht mit einer ausreichenden Tragfähigkeit herzustellen,“ sagt Mike Marshall. Unter Zugabe von nur 2,6% Schaumbitumen und Wasser wurde der Kalk direkt mit eingemischt. Im Downcut-Verfahren wurde aus dem vorhandenen Material aus Deckschicht und Teilen des Binders mit den Zuschlagstoffen der neue homogene Unterbau gemischt. Die enorme Motorleistung des CR gepaart mit der hocheffizienten und leistungsstarken Schaumbitumenleiste ermöglichte einen Vorschub von 5 m/min. Dabei produzierte der CR rund 320 Tonnen hochwertiges BSM-Mischgut pro Stunde. „Als Bindemittel wurde Schaumbitumen gewählt. Dies bietet viele Vorteile hinsichtlich Verarbeitbarkeit und Kosteneffizienz. Darüber hinaus ergibt sich durch die Kaltaufbereitung eine deutliche CO₂-Reduktion,“ erläutert Mike Marshall.
Das flexibel verstellbare Ladeband des W 380 CR transportierte die 320 t BSM in den Bunker des folgenden SUPER 1900-3i von Vögele. Bei seiner maximalen Leistungsfähigkeit von bis zu 900t/h konnte der Fertiger hier besonders kraftstoffsparend im ECO-Modus arbeiten. Die verwendete Ausziehbohle TP2 mit Vögele Hochverdichtungstechnologie verfügt über Tamper und zwei Pressleisten. Sie sorgte für intensive Vorverdichtung und konnte dank einstellbarer Drehzahl und Hub perfekt auf die Materialeigenschaften des recycelten Materials eingestellt werden. Ideale Nivelliersysteme gepaart mit der kompakten Bauweise des SUPER 1900-3i ermöglichten es dem CR in der Spur zu folgen und lagegerecht die neue Spur einzubauen.
Dem Fertiger folgten zum Abschluss der Baumaßnahme drei Hamm Straßenbauwalzen. Eine HD+ 110i Tandemwalze mit Glattmantelbandagen sorgte für die erste Versiegelung und Sicherung der sauber eingebauten Lage. Im Anschluss nahmen zwei GRW 18 Gummiradwalzen die Endverdichtung vor. Die hohe Verdichtungsleistung der Hamm Walzen stellte einen nahtlosen Übergang zur ungefrästen Spur her. Die Oberflächenqualität der BSM-Schicht war nach wenigen Überfahrten der Gummiradwalzen so gut, dass die Spur für den Verkehr freigegeben werden konnte. Sogar der Gabelstapler eines lokalen Unternehmens konnte die recycelte Fahrbahn mit voller Beladung befahren, ohne die Oberfläche zu beschädigen.
Nach dem Kaltrecycling-Zug wurde als letzter Schritt das Fog-Sealing aufgetragen: Eine verdünnte Bitumenemulsion, die zum Schutz vor Ausbrechen der BSM-Schicht dient. Das Fog-Sealing musste nicht vor dem Überbau mit der neuen 5 Zentimeter starken Deckschicht entfernt werden. Es dient zusätzlich als Binder und kann lange dem vollen Verkehr standhalten. In diesem Fall über fünf Monate, bis die Deckschicht final aufgetragen wurde.
Der kleine Ort Monsanto profitiert in vollem Umfang von der Baumaßnahme. In nur vier Tagen konnte die Baumaßnahme beendet werden, obwohl der Ort mit seinen engen Kurven und Einfahrten aus Pflastersteinen eine Herausforderung darstellte.
Im herkömmlichen Verfahren wäre die ER 361 an dieser Stelle für 12 Wochen unpassierbar gewesen, so dass Anwohner und Gewerbe mit großen Problemen hätten rechnen müssen. Dank Kaltrecycling in-place waren die Häuser jeweils nur eine halbe Stunde vom Verkehr getrennt bevor alles wie gewohnt weiter gehen konnte. Keine Löcher von Baggern, keine Absperrungen - es reichte sogar, nur die Fahrspur zu sperren, die gerade bearbeitet wurde.
Vorarbeiter Pedro Silva vom Bauunternehmen Pragosa und WIRTGEN Recycling-Experte Mike Marshall (links) waren sich einig: In-place Kaltrecycling mit dem W 380 CR ist extrem schnell und wirtschaftlich.
Die Vorteile für die Umwelt liegen beim Kaltrecycling klar auf der Hand. Nach Angaben von Pragosa wurden rund 98% der CO₂-Emissionen zum herkömmlichen Bauverfahren eingespart. Das lag hauptsächlich an der Wiederverwendung des Baumaterials vor Ort, das auf dieser Baustelle mit rund 1.500 LKW-Fahren hätte an- und abtransportiert werden müssen. Daneben entfielen die Deponiekosten für die Entsorgung und die Abbaukosten des neuen Materials. Es wurden also zusätzlich natürliche Ressourcen geschont und Kosten gespart.